Kapitel 5 - Endlich an Bord
Gemeinsam erreichten wir die Innenschleuse des Hangars. Bonner neigte ihren Kopf etwas in Richtung des Retinascanners und öffnete so die gesichterte Tür der Hangarschleuse. „Guten abend Miss Bonner. Willkommen an Bord der Brainstormer. Mein Name ist Neville, Registriernummer 11×42-90/877987. Gemäß der Anweisungen ihres Onkels übergebe ich Ihnen mit sofortiger Wirkung die Eigentumsrechte an der Brainstormer. Welches Kommunikationsniveau bevorzugen Sie?“
„Informelle Kommunikation,“ erwiederte Susan.
„Haben sie bereits eine Crew?“ fragte die Bord-AI.
„Gegenwärtig besteht die Besatzung aus dem Captain Melrose Caldwell - meinem Begleiter, der Technikerin Nina Mendez, sowie mir selbst. Die restliche Crew wird auf New Vegas zu uns stoßen.“
Nach einer kurzen Pause erwiederte die AI: „Es ist meine Pflicht sie darauf hin zu weisen, Capt. Caldwell, das die gegenwärtig anwesenden Crewmitglieder nicht die Anforderungen der CTA erfüllen.“
„Ich nehme diese Information zur Kenntnis, Neville!“ Antwortete ich und übernahm damit offiziell die Verantwortung über das Schiff.
„Welches Kommunikationsniveau bevorzugen Sie Capt. Caldwell?“ fragte die AI dann. „Neville, bitte übernimm die Einstellungen von Lizzie und behalte die aktuelle Stimmfarbe.“ Antwortete ich und fügte hinzu: „Bitte betrachte die Ansprache mit der Kurzform Nev als gleichbedeutend mit der Ansprache des Namens Neville, ebenso die Nutzung der Bezeichnung Computer in der Ansprache. Betrachte diese als lokal gültig sofern diese ohne weitere Merkmale wie beispielsweise der Adressierung des Schiffes anhand seines Namens oder seiner ID ausgesprochen werden. Temporäre Änderungen der Ansprache sind standardmäßig auf einen Raumhafen oder eine Landestelle beschränkt. Bitte kehre ohne gesonderte Anweisung nach einem Start zu der eben festgelegten verfahrensweise zurück. Bitte erkenne an Dich adressierte Befehle aus dem Kommunikationszusammenhang, verifiziere bei uneindeutiger Erkennung die Ansprache.“
„Bestätigt, Captain!“ antwortete Neville.
„Wie ist der gegenwärtige Status des Schiffes?“ fragte ich.
„Das Schiff ist startklar und vollständig ausgerüstet. Die Tanks sind zu 83% gefüllt und erlauben uns eine Betriebsdauer von 17 Tagen, 10 Stunden und etwas mehr als 19 Minuten,“ antwortete die AI. „Die CTA-Regelung für Tingerhove erlaubt unangemeldete Manöver auf einem HPO.“ „Danke, Neville.“
Ich Blickte zu Susan hinüber.
„Susan,“ ich sah der hübschen Tochter des ehemaligen Schiffseigners in die Augen, „das Schiff hat eine andere Konfiguration als die Ventures die ich bisher gesehen habe. Kennen sie sich an Bord aus? Wie komme ich zum Maschinenraum?“
Bonner winkt ab. „Richten Sie sich erst einmal gemütlich in ihrer Kabine ein, Mel. Nina Mendez, die Technikerin meines Onkels ist bereits unten und bereitet die Systeme vor.“ antwortete sie und sie sah dabei urplötzlich sehr müde aus.
„Okay, dann also erst Mal zu den Quartieren.“ als erfahrener Pilot nahm ich mir vor die Besichtigung des Maschinenraums als erstes nach dem Bezug meines Quartiers nachzuholen. Wir gingen bugwärts zu einem Lift und fuhren drei Decks tiefer auf Deck D.
Die Quartiere waren weitaus luxuriöser als ich es für ein solches Schiff vermutet hätte. Nicht unbedingt vergleichbar mit einem 5 Sterne Hotel, doch um Klassen besser als alle Mannschaftsunterküfte die ich je zu Gesicht bekommen hatte.
Die Captainskajüte hatte einen Officebereich oder Dayroom der vom eigentlichen Quartier durch eine automatische, milchig-durchscheinende Schiebetür getrennt war. In ihm befanden sich ein großer frei stehender Schreibtisch mit einem Sessel dahinter und zweien davor, sowie einer Couchecke mit Multimediawand. Die Wände waren mit hellen Holzdekor-Panelen verkleidet, die Decke wies passende Cassetten auf und der Boden war mit antrazit farbenen Teppich bedeckt. Die stufenlos anpassbare Beleuchtung war indirekt und komplimentierte das Highlight des Dayrooms, ein etwa 2m hohes und 1,5m breites Fenster mit Blick auf das All, genauer einem Panoramaausschnitt auf den Globus von Tingerhove nebst zwei seiner drei Monde im Hintergrund. Fast schon andächtig verweilte ich vor diesem Fenster, bis ich mich kopfschüttelnd abwendete: „Wie kann so ein Rattenplanet aus dem All nur so gut aussehen?“
Die Verbindungstür zur Captainskajüte gleitete fast lautlos seufzend zur Seite und gab den Blick auf das Innere frei. Decke, Wände und Boden wiesen das gleiche Dekor wie der Dayroom auf. Ich richtet es mir erst einmal ein und verstaute mein Hab und Gut in den Staufächern des Quartiers. Danach duschte ich heiß und ausgiebig, bis es sich so anfühlte als wäre der Siff des Planeten von meiner Haut verschwunden und ich mich wieder wie ein Mensch fühlte. Nach gut 30 Minuten stand ich im begehbaren Kleiderschrank vor den Hängern mit den Borduniformen und suchte mir eine passende aus. Dunkelgrau mit Orange und Blau war zwar nicht unbedingt meine erste Farbwahl aber sah noch ganz passabel aus.
Im Dayroom registrierte ich noch meinen Bordnetzzugang und rief mir einen Decksplan auf den Flatscreen. Das Schiff war größer und komplexer als es auf den ersten Blick hin aussah. Mit routiniertem Herangehen über trug ich den Plan auf meine Comcard und machte mich auf den Weg in den Maschinenraum.